Heimat verbunden
Thomas Schroll zeigt uns, wie es geht, Tradition und Moderne locker unter einen Hut zu packen.
Heute treffe ich Thomas Schroll, bei ihm zuhause am Oberau-Hof. Er ist Jungbauer und zugleich Skilehrer und wird mir ein wenig von seiner Welt erzählen. Bevor ich an die Haustüre klopfe, gönne ich mir eine Minute des Schauens. Der Gruberberg, wo der Oberau-Hof liegt, befindet sich direkt gegenüber der Hohen Salve. Die Lifte, die Abfahrten, ja jede einzelne Schneekanone: Thomas hat von hier aus alles im Blick. Praktisch für einen Skilehrer.
„Ja, schon“, grinst er, als er mir öffnet und mich in die Küche bittet. Der Oberau-Hof ist Jahrhunderte alt. Seit Generationen schon bewirtschaftet ihn die Familie Schroll, Thomas ist jetzt der Jungbauer. Für ihn stand immer schon fest, dass er den Hof übernehmen würde.
Der Oberau Hof am Gruberberg mit direktem Blick auf die Hohe Salve
Almleben mit Auszeiten
23 Jahre ist er alt, ein fescher junger Mann, für den die Welt – so wie sie ist – in Ordnung scheint. Den Sommer hat er als „Alminger“ auf der Niederkaseralm im kurzen Grund in der Kelchsau verbracht. „I bin gern’ in der Natur und bei den Tieren“, sagt er. Gemeinsam mit einem Kollegen hat er 90 Kühe und 42 Almschweine versorgt. Die Milch wird direkt an Ort und Stelle zu Käse verarbeitet. Kurze Auszeiten vom Almleben nimmt sich Thomas aber schon.
Thomas Vater ist Vollzeitbauer. Er selbst ist Landesschilehrer und ist auch heuer im Winter wieder mit Gruppen auf den Pisten unterwegs, vor allem mit Kindern. „Nix mit Schihaserl“, grinst er. Ich kaufe es ihm nicht ganz ab. Obwohl: Hopfgarten ist mit dem Kinderland im Dorf und Liften wie der Schernthannbahn ja eine der besten Familiendestinationen. Da braucht es schon Schilehrer, die gut mit dem Nachwuchs können...
Das Skilehrern lässt sich mit der Landwirtschaft optimal verbinden. Es ist gut, ein zweites Standbein zu haben. Denn niemand weiß, wie sich der Milchpreis entwickeln wird. Obwohl Thomas grundsätzlich optimistisch ist, hat er schon über Alternativen zur Milchwirtschaft nachgedacht. Schweine anzuschaffen kommt nicht in Frage. Und Pferde? „Na, de måg i nit“, meint er. Also würde er wohl Kühe für die Fleischgewinnung halten. „Owa des mecht i nit,“ sagt er. Warum? „Des Züchten von Milchkühen is interessanter.“
Gute „Haxn“ braucht die Kuh
Derzeit stehen am Oberau-Hof 18 Milchkühe im Stall, insgesamt sind es an die 35 Stück Vieh. Das Besamen der Kühe übernimmt Thomas Vater selbst, obwohl auch Thomas schon den dafür notwendigen Kurs belegt hat. Den geeigneten Beschäler, also von welchem Stier der Samen kommen soll, wählen Vater und Sohn gemeinsam aus. Dabei achten sie auf die verschiedensten Kriterien. Es ist also immer spannend, wenn ein Kälbchen auf die Welt kommt.
„Wichtig is bei uns, dass de Haxn passen“, erklärt Thomas. Gute Beine muss das Kalb haben, denn auf der Alm ist Trittsicherheit gefragt, und am Oberau-Hof auch. Natürlich trägt jede Kuh im Stall einen Namen. Hat Thomas eine Lieblingskuh? Er überlegt und meint dann: „Meistens ist es die Älteste, die Chefin.“
Der Heimat verbunden
Thomas auf jeden Fall liebt es, Landwirt zu sein. Mit allem, was dazu gehört. Der Sommer bringt reichlich Arbeit mit dem Heu. Die Felder am Hof sind teilweise steil und können nicht alle mit den Maschinen geerntet werden, es ist viel Handarbeit gefragt. Silage ist am Oberau-Hof kein Thema, hier duftet es im Sommer noch nach Heu wie früher. Dafür muss Thomas aber auch manchmal von der Alm kommen, um den Eltern zu helfen. Auch die Schwester springt ein, wenn sie Zeit hat.
Und auch das Skilehrern macht Thomas mit Leidenschaft. Ist er gar lieber Skilehrer als Alminger, zieht er vielleicht sogar den Winter dem Sommer vor? „Sågn ma einmal so: I will nit des gånze Jahr Schilehrern und i will nit des gånze Jåhr auf der Alm sein“, meint er diplomatisch.
Thomas lebt ein Leben in und mit der Natur, mit den Jahreszeiten. Auf der Alm, im Wald beim Holzarbeiten, am Hof, auf der Skipiste. Er ist von klein auf eng verbunden mit der Natur, mit der Heimat. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie er „Whatsapp“ benutzt, singt er mit Inbrunst mit, wenn die Musikkapelle „Dem Land Tirol die Treue“ spielt. Lederhose und Leinenhemd sind ihm so vertraut wie die zerschlissene Jeans im „Used look“.
Er wird unsere Traditionen weiter pflegen, mit Stolz und Selbstbewusstsein. Auch wenn die Globalisierung an unsere Tür klopft: Wir müssen uns keine Gedanken machen um unsere Identität, solange junge Menschen wie Thomas so sind, wie sie sind.