Time-Out für die Heimat

Peter Wohlfahrtstätter ist als Profivolleyballer in ganz Europa zuhause. Doch für mindestens drei Wochen im Jahr schlägt sein Herz ausschließlich für den Ort, wo seine Wurzeln liegen: Hopfgarten im Brixental.

kitzbueheler-alpen-lebenswege-peter-wohlfahrtststaetter-c-kitzbueheler-alpen-daniel-gollner-15© Daniel Gollner Fotografie

Heimkommen, um durchzuatmen. Für Peter als Profivolleyballer dreht sich die Welt das ganze Jahr über rasend schnell. Ein Cup-Spiel jagt das nächste, binnen Sekunden entscheidet ein Block oder ein Schmetterschlag über Sieg oder Niederlage. Der Leistungsdruck im Spitzensport ist hoch, das Gefühl des Gewinnens flügelgebend. Doch ein Gefühl kann kein Matchball, kein Meistertitel ersetzen: Das Gefühl, für einen Augenblick im Jahr in die Heimatwelt zurückzukehren. Für eine Auszeit und zum Kraft tanken.

© Daniel Gollner Fotografie
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Wo die Kindheitserinnerungen wohnen

„Ich hatte eine der besten Kindheiten, die man sich am Land vorstellen kann. Skifahren im Winter, Radfahren im Sommer, dazwischen Schule und die Mithilfe am elterlichen Bauernhof.“ Klar, das frühe Aufstehen für die Stallarbeit am Morgen rief nicht jeden Tag die gleiche Begeisterung bei Peter hervor, aber die große Wertschätzung und Demut für das behütete Aufwachsen sollte der Sportler ohnehin erst etwas später zu schätzen lernen. „Als Profisportler wechselt mein Wohnsitz öfters, aktuell bin ich in Lissabon zuhause. Wer so viel reist wie ich, hat einen anderen Blick auf die Welt. Ich hab viel Armut gesehen und weiß, welches Glück wir haben, hier in Österreich leben zu dürfen. Ein Freund von mir stammt aus der Karibik. Ihm zeigte ich Fotos von den Kitzbüheler Alpen und erklärte ihm, dass unsere Seen Trinkwasserqualität besitzen. Er konnte es kaum glauben und meinte, er würde sofort mit mir tauschen. Da macht sich letztlich Dankbarkeit im Herzen breit.“

© Daniel Gollner Fotografie
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Vom Rohdiamant zum Überflieger

Dass sein Herz zudem für den Sport schlägt, zeigte sich bei Peter schon als Kind. Mit Fußball begann er, beim Skirennen stand er schon am Stockerl und dort war es auch, wo sein damaliger Trainer auf ihn aufmerksam wurde und ihn aufgrund seiner Körpergröße fragte, ob er Lust auf ein Volleyball-Training hätte. Gefragt, bejaht, getan. Kurz darauf folgte der Umzug nach Wien und innerhalb von dreieinhalb Jahren stieg Peter ins Nationalteam auf. Schmunzelnd blickt er heute auf seine Anfangszeit zurück: „Wenn du als gebürtiger Tiroler nach Wien ziehst, musst du zu Beginn alles dreimal sagen, damit man dich versteht.“ Aufenthalte in Polen, Belgien, Frankreich und letztlich Portugal folgten, aktuell ist er bei Benfica unter Vertrag. Und mag Lissabon als Großstadt mit der Nähe zum Meer einen südländischen Charme versprühen, so ist es sein Heimatort Hopfgarten im Brixental, welcher ihn gänzlich entschleunigen lässt. Dort sind es exakt fünf Gehminuten von seinem Haus zum Fuße der Hohen Salve, Peters ganz persönlichen Hausberg. „Für mich ist Bergwandern pure Freiheit. Je weiter man nach oben gelangt, desto mehr gewinnt die Fernsicht an Reiz. Diese Hochgefühle findest du in keiner Stadt, für mich ist das wie meditieren.“

Ohne Tiroler Kochkunst geht es nicht

kitzbueheler-alpen-lebenswege-peter-wohlfahrtststaetter-c-kitzbueheler-alpen-daniel-gollner-49© Daniel Gollner Fotografie

Zum vollkommenen Glück darf ausreichend Zeit mit der Familie natürlich nicht fehlen. „Meine Mutter tischt dann alles auf, was die Tiroler Kochtradition zu bieten hat. Kaspressknödel, Schnitzel, köstliche Mehlspeisen.“ Für den gelernten Elektriker sind die Extrakalorien kein Problem, die verbrennt er ohnehin beim Mountainbiken oder im Zuge des nächsten Gipfelsieges. Das Zusammenspiel von Einheimischen und dem Tourismus als Wirtschaftsfaktor gelingt einwandfrei, wie Peter findet: „Es ist ein Geben und Nehmen. Jeder verhält sich mit Respekt zur Natur.“ Overtourism – diese Gefahr sieht er für sein Heimatland nicht. „Natürlich wird Information im heutigen Zeitalter viel leichter zugänglich gemacht. Ich persönlich versuche, dass die Digitalisierung nicht der Realität den Rang abläuft.“ Da nützt er schon lieber die Zeit, um mit seiner Familie ein ausgiebiges Bergfrühstück auf der 360 Grad Terrasse der Hohen Salve zu genießen. Sonnenaufgang inklusive. Für goldene Momente, die bleiben und dem Geist wesentlich mehr an friedvollem Gehalt bieten, als die steigende Anzahl an Likes drüben auf Instagram und Co

Sabine Ertl

Sabine Ertl

…Naturmensch mit Leib und Seele. Geboren 1986 in Kärnten, Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaften in Klagenfurt. Als freie Journalistin, Texterin und Bloggerin gerne und viel unterwegs. Bergfreak, Pferdenärrin, Neo-Cellistin und Feinschmecker. www.gedankenschmiede.at Mehr Details

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