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Am Biobauernhof Mittermoos in Fieberbrunn genießt Familie Wörgetter einerseits die Ruhe und Idylle des Hofs, andererseits die Lebendigkeit der Natur und den Austausch mit den Feriengästen. Die vielseitigen Aufgaben halten die gesamte Familie auf Trab. Langweilig wird den beiden Landwirten Christina und Thomas und ihren drei Kindern nicht so schnell.

Leben am Hof

OK Komm_Mittermoos__(c) Ines Entleitner-2© Ines Entleitner

Nach der morgendlichen Stallarbeit werden die bestellten Brötchen, Eier und sonstige hofeigene Produkte an die Gäste verteilt. Anschließend wird gefrühstückt, bevor verschiedene Arbeiten am und rund um den Hof auf die Familie warten. An fünf Tagen pro Woche findet eine Tierfütterung statt, bei der auch Feriengäste mit ihren Kindern eingeladen sind, mitzuhelfen. „Uns ist es ein großes Anliegen, unseren Gästen einen Einblick in die Landwirtschaft und unser Leben zu geben. Es ist schön zu sehen, mit welcher Begeisterung die Kinder unsere Tiere füttern, streicheln und mithelfen, auszumisten“, erzählt die Landwirtin. Der Großteil der Gäste kommt aus Deutschland und den Niederlanden. „Wir hatten immer das Glück, freundliche Gäste bei uns zu haben, was uns auch darin bestärkt hat, den Betriebszweig ‚Urlaub am Bauernhof‘ weiter auszubauen,“ erzählt Thomas.

Zwischen Nähe und Abstand

Thomas und seine Frau kennen es von klein auf, dass sich Privatleben und Arbeit miteinander verbinden. Beide sind auf Bauernhöfen groß geworden, wo sie ihr Zuhause mit Menschen teilten, die für eine Zeitlang Teil ihres Lebens wurden. „Mit den Kindern einiger Gäste haben wir früher unvergessliche Stunden verbracht. Heute freuen wir uns, dass unsere damaligen Spielgefährten mit ihren eigenen Kindern zu uns zurückkehren“, so Thomas. Obwohl die Erinnerungen an die Kindheit größtenteils positiv sind, ist ihnen heute in manchen Bereichen eine klare Abgrenzung zwischen den beiden Welten wichtig. „Unsere Gäste wohnen im Appartementhaus und wir im Bauernhaus. Jeder hat seinen eigenen Bereich. Ein gewisser Abstand ist notwendig, damit auch ab und zu Ruhe einkehren kann,“ erklärt Christina. Der Hof mit seinen Tieren, dem Spielplatz vor dem Bauernhaus und auch die zahlreichen Ruhe- und Verweilplätze können jederzeit genutzt werden. Dort vermischt sich auch das Alltagsleben der Familie mit dem Urlaubsleben der Gäste und es entsteht ein Miteinander.

Wir schätzen es sehr, dort zu leben, wo andere Urlaub machen.Christina Wörgetter, Landwirtin

Familienmenschen

Das Bauernhaus ist weitaus älter als das Gebäude mit den Ferienwohnungen. „Die Inschrift am Dachstuhl zeigt die Jahreszahl 1898, weil damals das Dach erneuert wurde. Das Bauernhaus selbst ist jedoch deutlich älter. Wie alt genau, wissen wir nicht, aber der Hof ist seit mindestens fünf Generationen in Familienbesitz“, erzählt der Landwirt. Thomas und Christina wurden früh Eltern und zogen zunächst mit ihrer ersten Tochter in eine der Ferienwohnungen. Doch als drei Jahre später das zweite Kind unterwegs war, wurde die Wohnung zu klein. Daraufhin beschlossen Thomas' Eltern, den Hof an ihren Sohn zu übergeben und selbst noch einmal neu zu bauen. Der Vater, ein begeisterter Handwerker, sah darin eine willkommene Herausforderung und errichtete mit Leidenschaft ein neues Eigenheim für sich und seine Frau. Inzwischen haben Thomas und Christina drei Kinder: Maria-Magdalena, Johannes und Matthias. Die drei sind voller Energie und begeistern sich für die vielfältigen Arbeiten, die das Leben auf einem Bauernhof mit sich bringt. „Wir sind zuversichtlich, dass wir den Hof eines Tages an eines unserer Kinder weitergeben können“, sagen die beiden gelassen. An eine Übergabe denken sie allerdings noch lange nicht – dafür sind sie selbst einfach noch zu jung.

Familie Wörgetter zeigt, wie Lebensraum im Einklang mit der Umwelt gestaltet wird. Am Hof in Fieberbrunn spürt man das Zusammenspiel von Mensch, Natur und Achtsamkeit.© Ines Entleitner

Familie Wörgetter zeigt, wie Lebensraum im Einklang mit der Umwelt gestaltet wird. Am Hof in Fieberbrunn spürt man das Zusammenspiel von Mensch, Natur und Achtsamkeit.

Tierliebe Schlachter?

Auf dem Bio-Bauernhof Mittermoos finden zahlreiche Tiere ein glückliches Zuhause. „Wir haben etwa 15 Kühe mit ihren Kälbern und einige Nachzuchttiere. Ein Teil der Herde verbringt den Sommer auf der Alm“, erzählt Thomas. Die Landwirte legen großen Wert darauf, dass die Tiere ein gutes Leben führen. Jedes Kalb erhält einen Namen und wächst ihnen ans Herz. „Wir sind bemüht, unseren Tieren alles zu geben, was für ihr Wohl entscheidend ist,“ erklärt der Bauer. Besonders wichtig ist ihm ein ruhiger, respektvoller Umgang mit den Tieren, sodass sie bis zuletzt in einem harmonischen Umfeld leben können. Das Schlachten der Tiere erfolgt mit Respekt und Achtung.

Der Kreislauf des Lebens umfasst auch das Schlachten – ein Aspekt, den viele vergessen, wenn sie Fleisch im Supermarktregal sehen. Unser regionales Fleisch stammt von Tieren, die ein glückliches und artgerechtes Leben geführt haben. Wenn es um das Tierwohl geht, kennen wir keine Kompromisse.Thomas Wörgetter, Landwirt

Bio-Bauernhof

Am Grünlandbetrieb der Familie Wörgetter wird nicht nur bodenständig, sondern vor allem auch nachhaltig gearbeitet. Auf wachstumsbeschleunigende Maßnahmen, wie den Einsatz von Kraftfutter und Kunstdünger wird bewusst verzichtet. „Unter diesen Bedingungen ist es grundsätzlich nicht schwer, als Biobetrieb anerkannt zu werden“, erzählt Thomas. Eine große Hürde, welche viele Landwirte dazu bewegt, aus der biologischen Wirtschaftsweise auszusteigen, ist der überbordende bürokratische Aufwand. „Die Anforderungen für Biobetriebe sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Besonders die unzähligen Aufzeichnungen, welche für die Bauern einen erheblichen Mehraufwand darstellen, für Konsumenten aber keinerlei Mehrwert bringen, schrecken viele Kollegen ab“, erklärt der Landwirt. „Die meisten Bauern scheuen sich vor Büroarbeit. Sie sind es gewohnt, in der Natur mit ihren Tieren zu arbeiten und nicht am Computer“, so die Einschätzung von Thomas. Ein weiteres Problem ist, dass der Unterschied zwischen dem konventionellen und dem biologischen Produktpreis geringer geworden ist. Die Familie hat ihren Betrieb bewusst klein und extensiv gehalten, da die Haupteinnahmen aus der Vermietung kommen. „Das Zusammenspiel von Landwirtschaft und Tourismus ist für uns entscheidend. Unsere Gäste lieben den Hof und das authentische Landleben“, verrät Christina, die gemeinsam mit Thomas den Hof im Jahr 2010 übernommen hat und meint weiter: „Viele Urlauber legen großen Wert darauf, dass wir ein Bio-Hof sind. Dies zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Der Biobauernhof Mittermoos ist ein nachhaltiger Grünlandbetrieb, der ganz ohne Kunstdünger oder chemische Zusätze bewirtschaftet wird. Biobauernhöfe leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Böden und zur Erhaltung natürlicher Kreisläufe.© Ines Entleitner

Der Biobauernhof Mittermoos ist ein nachhaltiger Grünlandbetrieb, der ganz ohne Kunstdünger oder chemische Zusätze bewirtschaftet wird. Biobauernhöfe leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Böden und zur Erhaltung natürlicher Kreisläufe.

Rückblick und Ausblick

Rückblickend wissen Thomas und Christina, dass es eine der besten Entscheidungen war, das Haus mit den Ferienwohnungen aufzustocken und auszubauen. Der Zeitpunkt im Jahr 2019 vor der Teuerungswelle war gut, obwohl im ersten Winter die Corona-Pandemie alles zum Stillstand brachte. Doch durch die Unterstützung und den Zusammenhalt von Familie und Freunden waren auch diese harten Monate zu bewältigen. Dass Christina den Beruf als Krankenschwester mittlerweile aufgegeben hat und nun ausschließlich am Hof beschäftigt ist, bezeichnet sie selbst als Luxus. Nachtdienste fallen weg und sie kann sich ihre Arbeitszeit einteilen. Konkrete Pläne für die Zukunft gibt es derzeit nicht. Alles muss sich entwickeln, es wird sich zeigen, was die nächste Generation vorhat und in welche Richtung sich alles bewegt. Natürlich bekommen die Kinder die Arbeit am Hof von Anfang an mit, werden miteinbezogen und sind auch mit Begeisterung dabei. Inwiefern es so bleibt und wohin ihre Wege sie führen, wird sich weisen. Auf jeden Fall ist dem Ehepaar wichtig, dass ihre Kinder das tun, was sie gerne machen. Denn sie wissen eines ganz bestimmt: Eine Landwirtschaft mit Vermietung kann nur funktionieren, wenn man diese Arbeit liebt.

Das über 200 Jahre alte Bauernhaus ist nicht nur ein Stück Geschichte, sondern auch ein wahrer Blickfang – ein Zeugnis von Tradition und handwerklicher Meisterkunst.© Ines Entleitner

Das über 200 Jahre alte Bauernhaus ist nicht nur ein Stück Geschichte, sondern auch ein wahrer Blickfang – ein Zeugnis von Tradition und handwerklicher Meisterkunst.

Was ist eigentlich ein Grünlandbetrieb?

Ein Grünlandbetrieb spezialisiert sich auf die Produktion von Fleisch und Milch. Die Kühe wandeln das pflanzliche Eiweiß, welches für den Menschen nicht verdaulich ist, in wertvolles tierisches Eiweiß um. Der Unterschied zum Ackerbaubetrieb liegt im Schwerpunkt der Produktion: Während auf Ackerflächen Pflanzen wie Weizen, Mais oder Gerste angebaut werden, nutzt der Grünlandbetrieb die natürlichen Ressourcen der Weideflächen. Hier steht die Verwertung des Grases durch Tiere im Mittelpunkt, bevor die Endprodukte in Form von Fleisch und Milch zum Verbraucher gelangen.

OK Komm_Mittermoos_3664_(c) Ines Entleitner
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Sabine

Sabine

Ich bin feiberufliche Texterin aus Wattens und bin als freie Redakteurin für unterschiedliche Formate und Unternehmen tätig und begeistere mich für Themen aller Art. Im Pillerseetal war ich schon oft auf Geschichtensuche, habe viele interessante Persönlichkeiten getroffen und es war für mich stets eine Bereicherung, über deren Leidenschaften zu schreiben. Mehr Details

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